Senior auf vier Pfoten

Leben mit einem alten Hund

Wo ist nur die Zeit geblieben? Aus einem neugierigen Energiebündel ist scheinbar plötzlich ein gemütlicher Hundesenior geworden, der gern in seinem Hundebett entspannt, anstatt jeden Tag ein neues Abenteuer erleben zu wollen. Das Zusammenleben mit einer Grauen Schnauze, also einem alten Hund, ist etwas ganz Besonderes und kann eine sehr bereichernde Erfahrung sein - auch wenn es nicht immer einfach ist, unser Tier in diesem Lebensabschnitt zu begleiten, der mit vielen Veränderungen einhergeht. Von den täglichen Gassirunden, über das Treppensteigen bis hin zum Einstieg ins Auto – alltägliche Gewohnheiten können nun zu Herausforderungen werden. Aber keine Sorge. Als eingespieltes Team werdet Ihr auch diese neue Situation gemeinsam meistern.

Doch, ab wann zählt ein Hund überhaupt zu den Senioren? Das hängt unter anderem von der Rasse des Vierbeiners ab. Während große Hunderassen wie Doggen oder Neufundländer bereits ab einem Alter von sieben Jahren als „alt“ bezeichnet werden können, sind kleinere Vertreter wie etwa Terrier oder Zwergpudel häufig noch mit zehn Jahren mopsfidel. Mittelgroße Hunde, etwa Border Collies, zählen ab dem 8. Lebensjahr zu den Hundegreisen. Natürlich spielen beim Alterungsprozess eines Hundes auch andere Faktoren, wie allgemeine Lebensumstände, körperliche Beschwerden und der Gesundheitszustand des Tieres eine Rolle. Neben Genetik und Größe sind auch Ernährung, Pflege, Umfeld und das Maß an Bewegung entscheidend.

Charakteristische Alterserscheinungen

Genau wie bei uns Menschen treten auch bei unseren vierbeinigen Begleitern einige typische Alterserscheinungen auf:

  • Die körperliche Aktivität nimmt ab und das Schlafbedürfnis steigt.

  • Die Seh- und Hörfähigkeit lässt nach.

  • Der Hund ist weniger anpassungsfähig. z

  • Das Immunsystem baut ab.

  • Das Hormonsystem und der Stoffwechsel verändern sich.

  • Der Hund verliert den Appetit und an Gewicht.

  • Das Fell und die Haut verändern sich.

  • Der Hund baut Muskulatur ab.

Charakteristisch sind zudem auch einige Krankheitsbilder, wie etwa

Verdauungsprobleme,

  • Gelenkprobleme und Arthrose,

  • Zahn-, Herz- und Nierenkrankheiten sowie

  • Demenz oder Desorientierung.

Meist treten die altersbedingten Veränderungen schleichend ein – hier ist also Eure Aufmerksamkeit gefordert, um auf die neuen Bedürfnisse Eures Seniors reagieren zu können. Bei rapiden Veränderungen Eures Vierbeiners oder starken Symptomen empfiehlt sich in jedem Fall ein Gang zum Tierarzt. Überhaupt solltet Ihr Euren alternden Hund regelmäßig in Eurer Tierarztpraxis vorstellen, um den Status quo zu erfassen und mögliche Erkrankungen frühzeitig festzustellen.

Auslastung für Graue Schnauzen

Was mir mit Blick auf alte Hunde besonders wichtig ist, lässt sich mithilfe einer bekannten Redensart ganz einfach zusammenfassen: „Wer rastet, der rostet.“ Sowohl mangelnde körperliche als auch mangelnde mentale Aktivität wirken sich negativ auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit Eures Vierbeiners aus. Die Bewegung an der frischen Luft regt nicht nur die Verdauung an, sondern fordert und fördert auch die Sinne des Hundes. Auch wenn Euer Hund Euch vielleicht nicht länger auf der ausgedehnten Joggingrunde oder auf langen Wanderungen begleiten kann, sollte er altersgerecht ausgelastet werden. Ersetzt lange Runden beispielsweise durch mehrere kleine Spaziergänge, legt öfter Pausen ein und passt Euer Lauftempo an. Achtet auf die Zeichen Eures Seniors, überfordert ihn nicht und nehmt Rücksicht auf seine tagesaktuellen Bedürfnisse.

Wie die richtige Auslastung für einen Hunderentner aussieht, ist stets individuell zu beurteilen. Was hat Eurem Hund bisher Freude bereitet? Bietet die bisherige Lieblingsaktivität Eures Vierbeiners eventuell Anknüpfungspunkte? Haltet auch gern mit Eurem Tierarzt oder Hundetrainer Rücksprache, um eine geeignete Aktivität zu finden. Hier einige Ideen für Eure Grauen Schnauzen:

  • Wasser: Hält sich Euer Hund gern im Wasser auf, ist dies eine tolle Möglichkeit, ihm etwas Lebensfreude zu schenken und seine Muskulatur zu trainieren. Der Vierbeiner fühlt sich im nassen Element leicht und locker, kann sich schmerzfrei bewegen und eventuelle Beschwerden können gegebenenfalls verbessert werden. Um den Auftrieb im Wasser zu verbessern, können spezielle Schwimmwesten für Hunde sinnvoll sein. Achtet aber vor allem bei älteren Hunden auf das passende Wetter. Insbesondere Hunde, die an Arthrose leiden, sollten nur bei warmen Temperaturen ins Wasser gehen. Neben dem Schwimmen im Meer oder See bieten inzwischen auch viele Physiotherapeuten unterschiedliche Wassertherapien an, um die Muskulatur von Hunden gelenkschonend aufzubauen und Gelenke zu mobilisieren.

  • Koordination und Körpergefühl: Habt Ihr einen wasserscheuen Vierbeiner daheim? Kein Problem, es gibt auch verschiedene „Trockenübungen“ zur Förderung von Muskulatur und Koordination, beispielsweise mithilfe einer strapazierfähigen Luftmatratze, die nur mit wenig Luft befüllt wird. Das Stehen oder die Bewegung auf dem unebenen Untergrund fördert unter anderem die Konzentration und das Gleichgewicht des Seniors. Habt Ihr ein Trampolin, könnt Ihr Euren Hund darauf stehend platzieren und das Gerät in unterschiedliche Schwingungen versetzen, auf die Euer Vierbeiner entsprechend reagieren muss. Hierdurch werden vor allem kleine Muskeln trainiert. Aber Achtung: Bei diesen Übungen ist der Hund stets von Euch zu sichern, beispielsweise mithilfe eines Geschirrs, an dem Ihr Euer Tier festhaltet und unterstützt.

  • Nasenarbeit: Die Hundenase ist ein richtiges Hochleistungsorgan. Allerdings nimmt der Geruchssinn mit zunehmendem Alter bei vielen Vierbeinern ab, wenn auch nicht so schnell wie die Leistung von Augen und Ohren. Der Verlust des Geruchssinns ist für das Nasentier Hund jedoch am schwersten zu verkraften. Gezielte Nasenarbeit hilft dabei, diesen Prozess enorm zu verlangsamen. Darüber hinaus ist die Nasenarbeit eine gelenk- und gesundheitsschonende Beschäftigungsvariante. Lasst Euren Hund beispielsweise nach Leckerlis oder dem Lieblingsspielzeug suchen – ob drinnen oder draußen, legt eine Futter-Fährte aus oder schafft Euch einen sogenannten Schnüffelteppich an. Auch der SEADOGS-Kurs „It´s Teatime“ könnte etwas für Euren Hundesenior sein. Hier lernen die Vierbeiner die Geruchsdifferenzierung mithilfe von Teebeuteln kennen. Lasst Eurem Hund außerdem beim Spaziergang genügend Zeit, seine Umgebung mit der Nase zu erfassen und plant für die ausgiebige Schnüffelei am Wegesrand ausreichend Zeit ein.

  • Soziale Kontakte: Auch Graue Schnauen benötigen soziale Kontakte mit Artgenossen, auch wenn einige Hunde mit zunehmendem Alter nicht mehr so begeistert von jungen, ungestümen Artgenossen sind. Bietet Eurem Tier bei solchen Hundebegegnungen den nötigen Schutz und bittet die Hundehalter darum, Abstand zu halten. Je nach Persönlichkeitstyp spielen Eure Vierbeiner aber vielleicht noch gern eine kleine Runde mit ruhigeren Artgenossen, freuen sich auf dem Spaziergang über die Begleitung eines weiteren Vierbeiners oder über Begegnungen bei Kursen auf dem Hundeplatz, bei denen ein direkter Kontakt nicht zwingend ist. Geeignete Kursangebote umfassen, neben der Nasenarbeit, beispielsweise Agility speziell für Senioren, Dummytraining oder das Longieren.

Alltag mit dem Hundesenior

Bereits im Alltag bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, dem alternden Hund das Leben etwas leichter zu machen und auch sein zuhause seniorengerecht zu gestalten.

  • Treppen: Je nach Gesundheitszustand kann das Treppensteigen für Euren Vierbeiner zu einer echten Herausforderung werden. Rutschsichere Trittflächen bieten dem Tier zwar mehr Sicherheit, reichen aber häufig nicht aus – vor allem wenn Euer Hund nur noch schlecht sieht, an Arthrose leidet oder einfach nicht mehr genügend Kraft hat, um die Treppen zu erklimmen. Dann ist es Zeit, Eurem Vierbeiner das Treppensteigen zu ersparen. Wohnt Ihr in einem Haus mit mehreren Etagen, richtet ihm sein Reich möglichst auf der unteren Etage ein. Lassen sich Treppen nicht vermeiden, tragt Euer Tier. Ihr könnt Eurem Hund auch mit einem speziellen Geschirr, einer Art Geh- oder Tragehilfe, „unter die Arme“ greifen und seine Vorder- oder Hinterhand entlasten. Lässt die Sehkraft Eures Hundes nach, solltet Ihr die Treppen in Eurem zuhause außerdem unbedingt sichern, beispielsweise mit einem Gitter am Treppenabsatz, um Stürze zu vermeiden.

  • Glatte Fußböden: Glatte Fußböden können für Hundesenioren ein enormes Verletzungsrisiko bedeuten und negativen Stress auslösen, da ihnen der nötige Halt fehlt. Der Gang durch das eigene Zuhause wird dann schnell zur Schlitterpartie. Rutschfeste Teppiche oder andere Bodenbelege können die Gefahr für Euren Vierbeiner minimieren und ihm den Alltag erleichtern.

  • Räumliche Veränderungen: Bereits kleine Veränderungen in der Lebens- oder Wohnsituation eines Hunderentners können für diesen problematisch werden, etwa wenn das Sehvermögen bereits nachgelassen hat. Verzichtet wenn möglich auf große Umgestaltungen oder führt Euren Vierbeiner langsam an die Veränderungen heran und begleitet ihn bei der Erkundung der neuen Umgebung aufmerksam, um Zusammenstöße mit neu platzierten Gegenständen zu vermeiden. Generell gilt es, potenzielle Stolperfallen zu vermeiden – beispielsweise Schuhe, die nach dem Spaziergang unachtsam im Flur abgestellt worden sind.

  • Ernährung: Denkt daran, dass der Stoffwechsel Eures Hundes sich im Alter herunterfährt und passt, wenn nötig, die tägliche Futtermenge an, um überflüssige Pfunde zu vermeiden. Einige Hundesenioren verlieren im Alter jedoch auch an Gewicht. Die Gründe hierfür sind vielfältig; beispielsweise kann dies mit einem verschlechterten Geruchs- und Geschmackssinn zusammenhängen. Neben der Menge ist deshalb auch die Qualität des Futters von Bedeutung, damit Euer Hund mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt ist. Lasst Euch bestenfalls beim Tierarzt beraten, wie Ihr Euren Senior richtig füttert. Trinkt Euer Hund nicht genügend Wasser, könnt Ihr seinem Futter etwas selbst gemachte, ungesalzene Brühe oder Reiswasser anbieten oder unter das Futter mischen.

  • Ruhezone: Alternde Hunde haben ein gesteigertes Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf. Bietet Eurem Vierbeiner deshalb einen warmen, ruhigen Rückzugsort, an dem er nicht gestört wird. Mit zunehmendem Alter darf es auch gern ein bisschen mehr Komfort sein. Statt einer einfachen Decke freut sich Euer Hund vermutlich über ein kuschliges Hundebett, eine Hundematratze oder gar ein orthopädisches Hundebett, das über einen speziellen Liegekern verfügt und die Wirbelsäule Eures Hundes entlastet – da lässt es sich noch viel besser entspannen!

  • Routinen: Hunde sind Gewohnheitstiere und lieben feste Strukturen - das gilt insbesondere für die Grauen Schnauzen unter ihnen. Alternde Vierbeiner tun sich oftmals schwer mit Veränderungen. Gewohnte Abläufe geben ihnen Sicherheit. Falls nötig solltet Ihr bisherige Routinen, etwa Fütterungszeiten oder Spaziergänge, deshalb nicht von einem Tag auf den anderen, sondern langsam und schonend ändern.

  • Autofahren: War der gekonnte Sprung ins Auto für Euren vierbeinigen Beifahrer früher selbstverständlich, ist der Einstieg für einen Hunderentner oftmals schwierig. Sprünge können Schmerzen verursachen oder sind schlichtweg nicht mehr möglich. Wollt oder könnt Ihr Euer Tier nicht bei jeder Fahrt ins Auto heben, kann der Einsatz eine Hunderampe sinnvoll sein. Übt den Einstieg über ein solches Hilfsmittel am besten frühzeitig und sichert Euren Hund seitlich ab, während er mithilfe der Rampe in das Auto steigt. Bei der Anschaffung solltet Ihr auf die Belastbarkeit, den Einstiegswinkel und die Länge, die Breite, die Beschaffung der Lauffläche und das Material der Rampe achten. Außerdem sollte die Rampe sich möglichst einfach transportieren lassen und mithilfe einer Klapp- oder Teleskopfunktion in Eurem Auto verstaut werden können.

  • Fahrradfahren: Ist Euer Hund noch fit genug, spricht nichts gegen eine gemeinsame Fahrradtour, auch wenn diese möglicherweise etwas kürzer und gemächlicher ausfällt als früher. Möchtet Ihr Euren Hund zukünftig auch auf längeren Ausflügen mit dabeihaben, empfiehlt sich die Anschaffung eines Hundebuggys, also eines Fahrradanhängers, in dem Ihr Euren Vierbeiner sicher transportieren könnt. Gerade für unternehmungslustige Senioren, die immer noch gern überall dabei sein wollen, ist dies eine praktische Lösung.

  • Pflege: Mit dem Alter wir das Fell Eures Hundes meist trockener und spröder, es verfilzt schneller und auch die Haut wird empfindlicher, weshalb Ihr sein Fell besonders pflegen solltet. Besuche beim Hundefriseur können für Euren Senior stressig sein und das lange Stehen auf dem Frisiertisch sehr anstrengend werden. Bittet den Friseur deshalb, noch etwas einfühlsamer und geduldiger als ohnehin schon mit Eurem Hund umzugehen und plant gegebenenfalls kurze Pausen ein. Ein geübter Hundefriseur kann viele Fellpartien auch schneiden, während der Hund liegt – besprecht das gern vorab. Gebt Euch notfalls mit dem „Rentner-Schnellschnitt“ zufrieden; es muss nicht immer ganz perfekt sein! Denkt außerdem an die regelmäßige Zahnpflege Eures Hundes und kontrolliert seine Ohren einmal wöchentlich. Bewegt Euer Hund sich altersbedingt weniger als zuvor kann es außerdem notwendig werden, seine Krallen zu kürzen. Die tägliche Pflege Eures Hundes bietet Euch eine gute Gelegenheit, um erste Veränderungen und Symptome frühzeitig zu erkennen.

  • Ganz viel Liebe: Viele ältere Hunde entwickeln ein starkes Bedürfnis nach Nähe zu ihrem Menschen. Andere Senioren wiederum werden mit fortschreitendem Alter unabhängiger oder können sogar etwas mürrisch wirken. Nehmt das nicht persönlich und lasst Euer Tier spüren, dass es willkommen ist und bedingungslos geliebt wird. Schließt Euren Vierbeiner nicht aus Eurem Leben aus.

Es ist sicher deutlich geworden: Hundesenioren haben spezielle Bedürfnisse, die uns als Herrchen und Frauchen ganz schön fordern können. Trotz dessen gilt aus meiner Sicht: Einen Hund durch seinen Alterungsprozess zu begleiten, ist trotz aller Herausforderungen und mit ihnen verbundenen Höhen und Tiefen eine einzigartige Erfahrung, die Euch Eurem Tier häufig noch näherbringt. Lasst Ihr Euch auf dieses Abenteuer ein, kann jeder Tag mit Eurem Senior auf vier Pfoten zu etwas ganz Besonderem werden.

Ihr habt noch Fragen oder Anmerkungen? Ich freue mich über eure Nachrichten.

Eure Jess